Farmbesuch in Korça, Albanien


In Korça angekommen, suchten wir uns erstmal eine Unterkunft. Da wir in Gjirokastra schon von mehreren Freunden bereits ein Hostel empfohlen bekommen hatten, suchten wir natürlich nach diesem.

 

„Da ist es und es gibt sogar noch freie Betten!“, sagte ich zu Adriano.

Adriano lächelte mich an und antwortete: “Ich glaube, die werden kein einziges Bett besetzt haben.“

Und damit hatte er recht, denn Korça ist für viele Touristen nicht der beliebteste Ort.

 

ZU UNRECHT!

Korça hatte uns sehr gut gefallen.

 

 

 

Ja - es ist vielleicht nicht gerade einfach, diese Stadt zu erreichen, denn sie liegt ziemlich abgelegen und dazwischen ist einfach nichts - für viele Touristen deshalb keinen Besuch wert.

Für uns schon!

Nicht nur, weil das bekannteste Bier Albaniens dort hergestellt wird - nein, auch die Stadt ist wunderschön und die Menschen sehr offen.

Gott sei Dank haben wir uns dafür entschieden, denn in Korça durften wir Xharshe und seine Frau kennen lernen.

 

Endlich konnten wir von der Hauptstrasse rechts abbiegen und sahen den Eingang zum Hostel vor uns. Ein junger Mann, der im Restaurant vor dem Hostel arbeitete versicherte sich noch, dass wir den richtigen Eingang benutzen und rief anschliessend den Besitzer des Hostels.

Ein älteres Paar kam aus der Tür gelaufen, beide hatten einen etwas strengen Blick im Gesicht - dieser verging jedoch, als sie uns mit unseren Rucksäcken auf dem Rücken sahen.

 

„Adriano?!“, rief der ältere Herr. Er konnte sich den Namen anhand von unserer Buchung sehr gut merken.

 

Mit der Hand voraus begrüsste er uns und wir fühlten uns direkt wohl. Sie luden uns in ihre Wohnung zum Kaffee und einem Raki ein. Eigentlich war uns nach diesem anstrengenden Trip so gar nicht nach Raki. Xharshe erzählte uns jedoch in sehr gebrochenem Englisch stolz, dass er diesen Raki selbst herstellt. - So konnten wir nicht verneinen.

 

Die Frau hatte ein Dauerlächeln im Gesicht. Man spürte, wie gerne sie Gesellschaft hatte und es liebte ihrem Mann zuzuschauen, wie er sich versucht, mit den englisch Sprechenden zu unterhalten.

Wir genossen ihre und sie unsere Gesellschaft.

Während des Gesprächs erzählte uns Xharshe von seiner eigenen Farm und dass er dort Früchte und Gemüse anpflanzt ohne Pestizide oder jegliche andere Chemikalien.

 

Es war sehr interessant und die Beiden luden uns ein, am Morgen unserer Abreise einen Besuch auf der Farm zu machen.

 

Wir dürfen uns eine albanische Farm anschauen, wie cool ist das denn?

Wir konnten es kaum erwarten, bis endlich der Tag kommen würde.

 

Bereits um 7 Uhr in der Früh waren wir beide hellwach und bereit für den versprochenen Farmbesuch. Unser Gastgeber Xharshe freute sich genauso wie wir darauf, uns seine Farm zeigen zu dürfen. Er ist wahnsinnig stolz darauf.

 

Da die Gastgeber kein Auto besitzen und die Farm einige Kilometer ausserhalb der Stadt Korça liegt, haben die Frau von Xharshe, Adriano und ich den Bus genommen. Xharshe und sein Freund sind mit dem Fahrrad losgefahren.

 

Zu Fuss liefen wir zur Hauptstrasse, um einen Bus zu erwischen. Die Frau stand an die Strasse und wartete geduldig auf einen kommenden Bus. Nach 5 Minuten stand sie winkend fast mitten auf der Strasse. - Ein Bus kam.

 

Wir stiegen ein. Dabei wurden wir von den bereits sitzenden Busbenutzern sehr genau beobachtet.

Keine 20 Kilometer weiter durften wir bereits wieder aussteigen. Wie froh waren wir, dass der Bus keine Klimaanlage hatte, sondern einfach alle Fenster demontiert worden waren. Es war so heiss!

 

Von der Bushaltestelle mussten wir noch 1-2 Kilometer gehen bis zur Farm.

 


 

„Da sind sie schon!“

 

Die beiden Männer kamen lachend mit dem Fahrrad angefahren.

„Jetzt ist es nicht mehr weit!“, sagte Xharshe beruhigend.

 

Einen Feldweg weiter blieb er vor einem Zaun stehen und sagte: „Da ist es. Das ist meine Farm!“.

Sie ist gross. Wir fragten uns, ob er alles alleine pflegt?

Stolz zeigte uns Xharshe alle seine angepflanzten Früche- und Gemüsesorten und wir versuchten, seine albanischen Ausdrücke in Englisch zu übersetzen. Er wollte die Namen unbedingt in Englisch lernen.

 

Als wir bei den Zwetschgen ankamen, pflückte Xharshe einige und bot sie uns an. Sie waren sauer, noch nicht ganz reif. Während des Reinbeissens verzog sich mein Gesicht automatisch so sehr, ich musste lachen und alle Anderen auch.

 

In der Mitte seiner Farm stand eine kleine Scheune, davor ein kleiner Tisch mit zerfallenen Stühlen. Wir setzten uns. Es war wunderschön, einfach da zu sitzen und den frischen Wind unter den Apfel-, Birnen- und Pflaumenbäumen zu spüren. Es war ein schöner, schattiger Platz.

 

 

Xharshe`s Frau war seit der Ankunft beschäftigt. Womit?

 

Erst nach einer Weile merkten wir, dass sie etwas herstellte. Sie packte einen Teigknollen aus und bearbeitete diesen mit einer sehr speziellen Technik.

Sie hatte einen längeren Holzstab in der Hand, drehte den Teig damit ein und wieder aus - machte so den Teig flach, um ihn danach zu belegen.

Während seine Frau den Teig bearbeitete, stand Xharshe bereits mit einer Flasche Raki in der Hand an unserem Tisch und hatte ein verschmitztes Lachen im Gesicht. Er wusste genau, dass ich Raki überhaupt nicht mag, trotzdem füllte er mir ein Schnapsglas damit und lächelte. Ich musste auch schmunzeln.

 

Wir stiessen an und nahmen einen Schluck. Die Frau war bereits daran, den Teig zu belegen. Es war eine Mischung aus Zwiebeln, Tomaten, Peperoni und verschiedenen Gewürzen. Nachdem sie den Teig belegt hatte, kam noch ein zweiter Teig obendrauf und anschliessend machte sie ein Feuer an der Ecke der kleinen Scheune.

 

Ich habe noch nie jemanden gesehen, der so schnell ein Feuer machen konnte.

Sie verstand ihr Handwerk.

Auch beim Feuer machen hatte sie ihre besondere spezielle Technik.

Als es genug heisse Asche hatte, kam der Teig im Blech rein und ein grosser Stein, der zuvor im Feuer lag, obendrauf.

 

 

So hatte das Gericht Hitze von oben und von unten.

Wir waren begeistert!

 

Etwa 6-7 Minuten dauerte es, bis das Gericht schlussendlich essbar war. Xharshe stellte noch eine Flasche selbst gemachten Wein auf den Tisch und wir durften die Spezialität probieren.

 

Es schmeckte köstlich!

Der Teig war knusprig und die Füllung sehr gut gewürzt, sogar ein bisschen scharf, einfach perfekt für unseren Geschmack.

Der Wein schmeckte übrigens auch sehr gut - zwar hatte er weniger den Geschmack eines echten Weines, sondern es war mehr ein säuerlicher Traubensaft mir geringem Alkoholgehalt. Aber er schmeckte hervorragend zu diesem Gericht und es war erfrischend bei dieser Hitze.

 

Nachdem wir fertig gegessen hatten, wollte Xharshe noch von uns allen Fotos machen, einmal vor den Zwetschgen, einmal vor den Birnen, einmal vor dem Salatbeet und noch eines vor dem Gurkenstrauch. Er war so stolz.

 

Nachdem er zufrieden mit den Fotos war, wollten wir natürlich auch noch ein Foto von ihm und seiner Frau machen. Während Adriano die Kamera aufstellte und die Beiden so da standen und darauf warteten, fotografiert zu werden, bemerkte ich ihre grosse Zufriedenheit.

Sie warten so zufrieden und glücklich, miteinander und mit dem, was sie haben. Sie besitzen kein Auto, keinen teuren Schmuck und auch sonst nicht sehr viel. Aber sie sind glücklich und stolz darauf, was sie machen.

Es war schön anzusehen, wie stolz sie da standen und sich sehr gerne auf ihrer eigenen Farm fotografieren lassen.

 

Ich genoss den Anblick.

 

 

Wir sassen noch eine Zeitlang am Tisch und redeten über dies und das und versuchten uns gegenseitig zu verstehen, da sie nicht sehr gut englisch sprechen und wir nur wenige Wörter auf albanisch verstehen. Es war lustig.

 

Danach ging es wieder zurück ins Hostel. Die Rückfahrt war dieselbe wie die Hinfahrt nur etwas heisser, da mittlerweile etwa 13.00 Uhr war. Zurück im Hostel tranken wir zusammen in Xharshes Wohnzimmer noch einen Kaffee und die Beiden zeigten uns ein paar ihrer Hochzeitsfotos und erzählten uns einige Geschichten davon. Es war sehr interessant und wir hätten den ganzen Nachmittag zuhören können.

Leider hatten wir uns aber bereits entschieden, an diesem Tag bereits abzureisen.

Wir bedankten uns herzlich bei Xharshe und seiner Frau und verabschiedeten uns von ihnen. 

 

Es war ein unvergessliches Erlebnis mit den Beiden und wir wünschen ihnen nur das Beste. Wir würden jedem empfehlen die Beiden zu besuchen und vor allem einen Besuch auf ihrer Farm zu machen und die Köstlichkeiten, die sie selbst herstellen, zu versuchen.

 

Es war ein wunderschöner Tag, vielen lieben Dank dafür.

 


Hier kommst du direkt zum Video von unserem Besuch auf Xharshe`s Farm.